09:49 h, Platz 12 in der AK von 325, happy und völlig fertig.

10 Monate lang bereite ich mich auf einen Wettkampf wie den gestrigen Ironman in Frankfurt vor, quetsche in meine vollen Tage Training rein, wo es nur geht, habe im Training bei fast jedem Armzug, bei jeder Kurbelumdrehung und jedem Laufkilometer den Wettkampftag im Kopf nur um mich dann am Renntag völlig zu zerstören. Macht das Sinn, ist es das wert? Absolut!

Bei allem anderen was ich sportlich so tue gehe ich ins Rennen und weiß ungefähr was passieren wird, habe dabei das Gefühl den Ausgang für mich voll und ganz selbst beeinflussen zu können. Anders bei Langdistanzen wie in Frankfurt oder Roth. Von einer Sekunde auf die andere können sich Situationen drastisch ändern. So auch gestern.

Der Tag begann irgendwie strange. Als ich um kurz vor 5 Uhr zusammen mit Hunderten anderer Teilnehmer am Mainkai stand und auf die Shuttle Busse zum Schwimmstart wartete prallten zwei Welten aufeinander die unterschiedlicher nicht sein konnten. Auf der linken Seite der Straße ruhige und in sich gekehrte Sportler und auf der anderen Straßenseite kleinere Gruppen Party People auf dem Nachhauseweg. Deutlich lauter, nach allem greifend was Halt gibt, um nicht umzufallen.

Aber mit den verrinnenden Minuten wurden auch wir Sportler unruhiger denn die Shuttles kamen viel später als erwartet. Kurz, es gab rund um den Langener Waldsee Verkehrschaos und hätte nicht ein Ordner die Lage richtig erkannt und eine fast lane für die Busse aufgemacht wäre es noch enger bis zum Start geworden. Ich wollte um 05:30 in der Wechselzone sein, um 06:10 waren wir dann da, 25min. vor dem Start. Zum Glück hatte ich beim Check In schon alles so vorbereitet, dass ich im Schnelldurchlauf die Special Needs Beutel befüllen, Radflaschen ins Rad stecken, Wechselbeutel checken, Neo anziehen, Zielbeutel abgeben und zum Start hetzen konnte. Das hat aber auch was Gutes, es bleibt keine Zeit für Aufregung.

Die Schwimmstrecke am Langener Waldsee ist meine absolute Lieblingsstrecke. Weicher Sand am Ufer, klares und neutral riechendes Wasser. Der Rolling Start hat auf jeden Fall bei über 3.000 Teilnehmern Vorteile, wenn sich alle Sportler gemäß schwimmerischem Leistungsniveau einsortieren würden, käme dieser aber noch besser zum Tragen. Ich bin mit 56:58min. für mich super geschwommen, innerhalb meiner AK war das die 7. Schwimmzeit und ich musste nicht einmal aus meinem Grundlagenbereich rausgehen. Das harte Training in der Masters Wettkampfgruppe beim Gießener Schwimmverein macht sich einfach bezahlt. Ich schwimme nur noch 40% der Kilometer wie früher, zwar auch 3-4min. langsamer, aber ich bin ja nun auch einige Jahre älter. Also das lohnt sich richtig für mich.

Auf dem Rad habe ich mich sofort super gefühlt, die ersten flachen 20km in und durch die Stadt haben mit 40km/h im Schnitt Spaß gemacht, danach begann der wellige Teil, der immer noch gut lief, aber mir war schon in Runde 1 klar, dass die Strecke es echt in sich hat und ich mich zurückhalten muss. 184km und 1.900 Höhenmeter waren es in Summe. 5.03 Stunden war meine Radzeit, es war die 15. Zeit in meiner AK. Alles gut, ich war 10‘ schneller als erwartet. Keine Krämpfe, keine energetischen Löcher, keine Magenprobleme, alles top. Natürlich fühlte ich mich nicht mehr so frisch wie 6 Stunden früher, aber es war alles noch im grünen Bereich.

Wichtig ist mir mal zu sagen, dass die oft gerügten Wettkampfrichter, dort wo ich unterwegs war, einen super Job gemacht haben und für ein faires Rennen auf der Radstrecke gesorgt haben. Nicht wild mit Penaltys hantierend, sondern ermahnend und wiederholt Abstände korrigierend. Das führte zu einem äußerst disziplinierten Einhalten der Windschattenbox.

Beim Abstieg vom Rad hoffe ich, dass mein Laufbeutel auch dort hängt, wo er hängen soll, bei über 3.000 Beuteln eine logistische Meisterleistung des Veranstalters. Das tat er zum Glück. Ich hatte richtig Lust auf den Marathon, um dann auf dem ersten Kilometer bereits zu merken, dass ich mich jetzt weitere 41km bei wirklich jedem Schritt überwinden muss und das meine ich so wie ich es schreibe. Da war kein Flow, nichts ging leicht und das gute Gefühl vom Ende der Radstrecke innerhalb von nur einem Kilometer in Laufschuhen zerstört. Auf Gels oder irgendwelche Konzentrate hatte ich eine Lust mehr, die gingen nicht mehr runter. Der daraus resultierende Cola und Red Bull Konsum summierte sich auf ca. 1,5 Liter Red Bull und ca. 2 Liter Cola. Das hat mich ins Ziel gebracht. 3.40 Stunden habe ich für den Marathon gebraucht, die 39. Zeit in der AK. Bei KM 10, 20 und 28 hat es mich jeweils komplett zerrissen, zu sagen ich musste kämpfen, um da wieder rauszukommen beschreibt es nicht annähend treffend. Hilfreich ist es auf jeden Fall, wenn man in so Momenten sich selbst eine Antwort auf das „warum“? geben kann.

Nach 09:49 h und Platz 12 von 325 in der AK 45-49 gestarteten, Platz 191 Overall bin ich dann ins Ziel am Römer gelaufen.

Die Zeit hätte auch noch für die Qualifikation zum Ironman Hawaii gereicht, für den letzten Qualiplatz in der AK 45-49 waren 09:58:59 Stunden notwendig.

Diese letzten 200m vom Mainkai hoch zum Römer durch dieses Menschenmeer, nach diesem knapp zehnstündigen sportlichen Abenteuer, sind glaube ich für Außenstehende nicht nachvollziehbar. Viel weniger Triathleten würden so einen Wettkampf machen, wenn es die Menschen nicht geben würde die den ganzen Tag an der Strecke stehen und einen anfeuern, ob man sich kennt oder nicht. Im Ziel habe ich sofort meine Familie gesucht die großen Anteil daran hat, dass ich so etwas machen kann und es auch schaffe.

Wie kann ich das Resultat einordnen, ganz einfach, es spiegelt das wider was ich leisten kann, mehr geht nicht. Nicht mit dem Aufwand, den ich betreiben kann und will. Längst habe ich verstanden, dass ich mit früheren Ergebnissen und Zeiten nicht mehr vergleichen kann. Jetzt ist jetzt und jetzt habe ich rausgeholt was ging und das macht mich zufrieden und glücklich. Mache ich das wieder? Auf jeden Fall, in 12 Monaten und entweder erneut in Frankfurt oder zur Abwechslung in Roth.